Abhängigkeitserkrankungen

Internetsucht: Anzeichen, Folgen & Therapie-Ansätze

Schon seit einigen Jahren kursiert dieses Wort im deutschen Sprachgebrauch – inzwischen sind Internetsucht und Onlinesucht bei Weitem keine Seltenheitserscheinungen mehr. Wenngleich sich der überwiegende Teil jugendlicher Nutzerinnen und Nutzer in einem maßvollen Rahmen bewegt und einen kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet pflegt, steigt die Zahl derer, die sich selbst als internetsüchtig bezeichnen würden. Das World Wide Web ist das Informationsportal schlechthin geworden. Es erleichtert uns in vielerlei Hinsicht das Leben und gehört ganz selbstverständlich dazu. Wir besorgen uns notwendige Informationen, nutzen es als Zeitvertreib und als Kommunikationsmedium mit Freunden.

Doch wann ist viel zu viel? Wann ist ein vernunftvolles Maß überschritten und ab wann spricht man von einer internet- oder computerspielbezogenen Störung? Im Folgenden klären wir über diese relativ junge Suchterscheinung auf, die zumeist unter Jugendlichen zu beobachten ist.

Was ist Internetsucht?

Kinder und Jugendliche zählen zu den Digital Natives. Sie wachsen mit den digitalen Medien ganz selbstverständlich auf. Die digitale Freizeitgestaltung ist fester Bestandteil ihres Alltags. Dazu zählt die reguläre Internetnutzung genauso wie das Chatten oder das Computerspielen. Dank Smartphones ist der Zugang zum Netz permanent gewährleistet, das Angebot selbst ist unerschöpflich. Die digitale Medienwelt bietet eine Bühne für zahlreiche jugendliche Bedürfnisse: Selbstdarstellung und Identitätsfindung, Action und Spannung sowie grenzenlose Kommunikation mit realen und virtuellen Freunden in sozialen Netzwerken.
Die große Attraktivität der Medien verbunden mit einer hohen emotionalen Note birgt aber auch das Risiko einer exzessiven und problematischen Nutzung. Eine Erhebung aus dem Jahr 2013 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kommt zu dem Schluss, dass bei etwa 2,5 Prozent der 12- bis 25-Jährigen in Deutschland eine solch exzessives Nutzen von Internet- und Computerspielangeboten vorliegt. Exzessiv bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die im Internet verbrachte Zeit nicht mehr kontrolliert werden kann. Bei einer Internetabhängigkeit werden andere wichtige Aktionen in der realen Welt vernachlässigt. Es kann zu psychischen Reaktionen wie Angstzuständen und Reizbarkeit kommen, wenn der Zugang zur Onlinewelt verwehrt wird. In der Regel wird zwischen Spiel- und Internetsucht unterschieden.

Der Reiz der Onlinegames

Computerspiele sind bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt. Während die einen noch offline an der klassischen Spielekonsole zocken, zieht es die anderen verstärkt zu den Onlinespielen. Die oben genannte Studie konnte zeigen, dass die männlichen Befragten Computerspiele rund dreimal so lange wie weibliche Befragte nutzen und dabei sogenannte „Ballerspiele“, Abenteuer-, und Sportspiele bevorzugen. Bei Mädchen und jungen Frauen liegen eher Denk- und Geschicklichkeitsspiele im Trend.
Online-Rollenspiele sind gleich in mehrfacher Hinsicht besonders verführerisch und damit risikobehaftet. Durch eine lang angelegte Spieldauer über mehrere Level sind Onlinespiele in der Regel nicht eindeutig zeitlich begrenzt. Meist laufen sie in Echtzeit, sodass in den Computerspielen faktisch eine Parallelwelt für den Spieler oder die Spielerin entsteht. Wer Erfolge verbuchen und sich Anerkennung unter den anderen Spielern sichern will, muss regelmäßig Zeit mit dem Spiel verbringen. Das gilt auch für sogenannte „Quests“, in denen mehrere Spieler gemeinsam eine Aufgabe lösen. Nicht selten ist dies aufgrund der internationalen Mitspieler und der damit einhergehenden Zeitverschiebung auch nachts vonnöten. Darüber hinaus schafft sich der Spieler bzw. die Spielerin ein eigenes Spieler-Ich, das über bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten wie z. B. Kraft oder Schönheit verfügt, die dem Spieler im realen Leben vielleicht nicht vergönnt sind. Die Gefahr, ein Onlinespiel exzessiv zu nutzen – also übermäßig viel Zeit und Gedanken zu investieren –, ist recht hoch. 

Der Reiz sozialer Netzwerke

Ob Facebook, Instagram oder Snapchat – soziale Medien üben eine nachhaltige Faszination auf Jugendliche und junge Erwachsene aus. Nie war der Hang zur Selbstdarstellung größer. Nie war es leichter, durch ein paar Klicks, Fotos oder Videos neue "Freunde" zu gewinnen, sie regelrecht zu sammeln. Kein Thema existiert, dass den sozialen Netzwerken fremd wäre. Freimütig werden Meinungen zu allen erdenklichen Themen ausgetauscht – ob als (konstruiertes) Internet-Ich oder anonym. Vielen fällt diese Form der indirekten Kommunikation leichter als die mit einem Schulfreund auf dem Pausenhof. Auch hier zeigt sich das Potenzial für Abhängigkeiten. Dass virtuelle Kontakte wichtiger als reale werden, ist keine Seltenheit. Es gilt, das konstruierte Internet-Ich zu schützen und durch immer neue Inhalte weiter aufzubauen und neue Follower zu generieren. Auch Themen wie Cybermobbing können auftreten. Aufgrund von Smartphones & Co. gibt es zudem keine zeitliche und örtliche Begrenzung des Internetkonsums mehr. Das World Wide Web ist rund um die Uhr verfügbar.

Anzeichen einer Internetsucht

Eine suchtgetriebene Aktivität im Internet von einem normalen Nutzungsverhalten abzugrenzen ist oft nicht leicht, da der Übergang meist schleichend und nur schwer erkennbar ist. Für eine endgültige Diagnose sollte man sich daher professionelle Hilfe suchen. Eine Internetsucht liegt streng genommen dann vor, wenn der Betroffene seine Aktivitäten im Internet nicht mehr beeinflussen kann und die Internetnutzung andere Bereiche seines Lebens beeinträchtigt. Dazu zählen z. B. häufig:

  • Scheitern in Schule oder Beruf
  • Vernachlässigung von Freunden und Familien
  • Vernachlässigung realer Freizeitaktivitäten wie Sport etc.
  • vermehrte Konflikte aufgrund der Internetaktivität

Auch typische Symptome von Suchterkrankungen können bei exzessiven Internetnutzenden auftreten. Zur Psychosomatik zählen z. B. folgende Symptome:

  • Entzugserscheinungen
  • Kontrollverlust
  • Verdrängung negativer Folgen

Wo findet man Hilfe?

Für eine erste Eigeneinschätzung ist der Selbsttest auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ratsam. Er liefert erste Hinweise, ob eine Abhängigkeit bei Ihnen oder einem Ihrer Kinder vorliegt. Wenn Sie professionelle Hilfe wie beispielsweise eine Psychotherapie in Anspruch nehmen möchten, ist der nächste Schritt ein Beratungsgespräch bei Ihrem Hausarzt, bei einer Suchtberatungsstelle in Ihrer Nähe oder einer Selbsthilfegruppe. Regionale und bundesweite Anlaufstellen, die auf das Thema Beratung und Therapie bei Medienabhängigkeit spezialisiert sind, finden Sie beim Fachverband für Medienabhängigkeit. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat außerdem das Onlineangebot „Das andere Leben“ initiiert, das Menschen dabei hilft, die Balance zwischen virtueller und realer Welt wiederherzustellen.

Wer intensivere Hilfe bei einer Störung wie Internetsucht benötigt, sollte über eine Therapie in einer Klinik nachdenken. Auch die Oberberg Kliniken sind auf die Behandlung von Suchterkrankungen spezialisiert. Ihre Fragen zu Therapie- und Aufnahmemöglichkeiten an einem unserer Standorte beantworten unsere Ansprechpartner jederzeit gerne. Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt per Telefon oder Mail auf.

Weitere Informationen und Quellen